H1N1-Pandemie

Das Wort Pandemie stammt von den griechischen Wörtern πᾶν „alles“ und δῆμος „Volk“ ab und bezeichnet eine Situation, welche das ganze Volk bzw. alle Menschen ohne Unterschied trifft. Eine Pandemie im medizinischen Sinn ist die länderübergreifende oder sogar weltweite Ausbreitung einer Infektionskrankheit. Im Gegensatz zur Epidemie ist eine Pandemie nicht örtlich beschränkt. Das Auftreten von Pandemien ist nicht neu, schon in der Antike und im Mittelalter gab es schwere Ausbrüche von Pocken oder Pest, die ganz Europa erfassten. Auch HIV wird wegen seiner globalen Verbreitung als Pandemie bewertet.
Der moderne Flug- und Reiseverkehr trägt heute wesentlich zur schnellen Ausbreitung von Krankheitserregern bei und erhöht dadurch das Risiko von Pandemien.

Epedemie und Pandemie

Auslöser der Epidemien und Pandemien sind Influenzaviren der Gruppen A und – seltener – B, da diese in der Lage sind, ihre antigenen Oberflächenmoleküle Hämagglutinin (HA) und Neuraminidase (N) ständig zu verändern. Solche Veränderungen können jederzeit eintreten und dazu führen, dass sie vom Immunsystem trotz Impfung (oder Immunität nach einer vorhergegangenen Influenza-Infektion mit Viren, die noch andere Oberflächeneigenschaften hatten) bei einer erneuten Infektion nicht mehr oder nur schlecht erkannt werden.

Bei einer Influenzaepidemie oder "Grippewelle" werden 10 bis 20 Prozent einer Bevölkerung infiziert, aber die Ausbrüche bleiben lokal begrenzt. Bei Pandemien hingegen verbreiten sich die Viren rasch und mit Infektionsraten von bis zu 50 Prozent über den ganzen Globus. Auslöser ist immer ein neuer Subtyp des Influenza-A-Virus, der auch durch eine Antigenshift (eine Durchmischung von humanen und aviären Gen-Segmenten) entstehen kann. Eine solche Durchmischung von Vogelgrippe- und humanen Influenzaviren kann beispielsweise im Schwein stattfinden ("Schweinegrippe"), wenn diese Tiere Träger beider Viren sind (siehe auch H1N1-Virus). Auch in "normalen" Grippejahren ohne Pandemie stirbt jährlich eine Vielzahl von Menschen an dieser Krankheit oder ihren Folgen.

Pandemie

Bei einer Pandemie hingegen verbreiten sich die Viren rasch und mit Infektionsraten von bis zu 50 Prozent in kurzer Zeit über den ganzen Globus. Im vergangenen Jahrhundert kam es 1918, 1957 und 1968 zu globalen Influenzapandemien mit vielen Millionen Todesopfern. Seit dem Auftreten des Influenzavirus A/H5N1 ("Vogelgrippe") befürchteten Experten, dass Ähnliches bald wieder geschehen könnte.

Pandemiewellen

In der Vergangenheit hat man bei Influenzapandemien typischerweise drei oder vier Erkrankungswellen beobachtet, bei denen die Gefährlichkeit und die Anzahl der Todesfälle mit jeder Welle zunahm. Im Gegensatz zu der saisonalen Influenza traten diese Wellen nicht nur während der Winterperiode auf.

Eine wissenschaftliche Erklärung für dieses Auftreten der pandemischen Influenza in mehreren Wellen gibt es derzeit noch nicht. Eine mögliche Erklärung für das generelle Auftreten mehrerer Wellen ist, dass das Virus aufgrund seiner globalen Verbreitung in nachfolgenden Wellen eine große Anzahl von Menschen befallen kann, die während vorhergegangener Wellen noch nicht infiziert wurden. Faktoren wie verändertes Kontaktverhalten oder öffentliche Gesundheitsmaßnahmen können das Auftreten von Folgewellen positiv oder negativ beeinflussen. Das Auftreten anderer Erkrankungen der Atemwege kann die Übertragbarkeit des H1N1-Virus noch steigern, wenn diese anderen Erkrankungen beispielsweise verstärkt Husten oder Niesen hervorrufen, wodurch das H1N1-Virus übertragen wird.

Experten vermuten zudem, dass sich während der globalen Ausbreitungswellen sowohl die Oberfläche das Virus als auch sein Erbmaterial genetisch so verändern, dass keine eine bereits durchgemachte Erkrankungen erworbene Immunität gegen das veränderte Virus besteht. Durch Antigenshift kann sich zudem die Gefährlichkeit des Virus verstärken.

Die meisten Experten betonen, dass jede globale Pandemie in ihrem Verlauf einzigartig sei, und allgemeine Schlüsse auf generelle Verlaufsweisen nur vorsichtig gezogen werden dürfen. Es kann daher nicht mit Sicherheit angenommen werden, dass die jetzige H1N1- Pandemie ebenfalls in Wellen mit zunehmender Gefährlichkeit des H1N1-Virus verlaufen werde. Da die Möglichkeit von weiteren Mutationen des Virus aber ebenfalls nicht ausgeschlossen werden kann, nehmen internationale Gesundheitsorganisationen die H1N1-Pandemie sehr ernst.

Pandemiephasen der WHO

Von den Pandemiewellen, mit denen sich die Krankheit über den Globus ausbreitet, sind die Pandemiephasen zu unterscheiden. Die Pandemiephasen sind eine willkürliche Einteilung der Weltgesundheitsorganisation (WHO), welche die stufenweise Entwicklung einer Viruserkrankung zur Pandemie beschreibt und dabei insbesondere das Risiko des Übergangs auf den Menschen bzw. die Wahrscheinlichkeit für die globale Verbreitung unter Menschen berücksichtigt. An das Erreichen dieser einzelnen Pandemiestufen sind in vielen Staaten die Inkraftsetzung nationaler Krisenpläne gekoppelt.

Zwischenpandemische Phase

Phase 1: Es wurde kein neuer Virussubtyp bei Menschen entdeckt. In Tieren können Virussubtypen umlaufen, die auch Menschen infizieren, jedoch wird das Risiko als gering bewertet.

Phase 2: Es wurde kein neuer Virussubtyp bei Menschen entdeckt. Ein in Tieren umlaufender Subtyp stellt ein erhebliches Risiko einer Erkrankung von Menschen dar.

Pandemische Alarmphase

Phase 3: Beginn der Alarmphase: Vereinzelt werden Menschen infiziert, eine Übertragung von Mensch zu Mensch ist jedoch sehr selten und tritt allenfalls bei engem Kontakt zu einem Infizierten auf.

Phase 4: Eng begrenztes Ausbruchsgeschehen (jeweils weniger als 25 Personen über weniger als 2 Wochen) oder sporadische Einzelfälle ohne nachweisbaren Kontakt der Erkrankten zu Tieren, was nahelegt, dass das Virus nur bedingt an den Menschen angepasst ist.

Phase 5: Erhebliches Pandemierisiko: Größere, aber noch örtlich und zeitlich eng begrenzte Ausbrüche in zwei Gebieten einer der sechs WHO-Regionen. Das Virus ist besser, aber noch nicht vollständig an den Menschen angepasst. Letzte Chance, die globale Verbreitung zu verzögern.

Akute Pandemie

Phase 6: Verlauf der Pandemie: Wachsende und anhaltende Übertragungen von Mensch zu Mensch in der gesamten Bevölkerung. Räumlich getrenntes Ausbruchsgeschehen in mindestens zwei WHO-Regionen.