Medikamentöse Therapie des Diabetes mellitus vom Typ II

Vortrag vor den Diabetesfreunden Bendorf
Das Thema dieses Vortrages ist die medikamentöse Therapie des Typ II Diabetes mit oralen Antidiabetika, d.h. zu schluckenden Medikamenten. Um ihnen die Wirkweise der einzelnen Tabletten zu erklären, möchte ich ihnen jedoch zunächst ein paar Grundlagen über die Krankheit Diabetes vermitteln.
Im Volksmund wird Diabetes als Zuckerkrankheit bezeichnet, und diese Bezeichnung trifft schon sehr gut, denn der Zuckergehalt im Blut der Erkrankten ist zu hoch. Zucker gelangt in den Körper zum einen über die Nahrung, etwa durch Verzehr von süßen Lebensmitteln oder stärkehaltigen Lebensmitteln wie Nudeln und Kartoffeln. Stärke ist eine besondere Form des Zuckers. Zum anderen wird im Körper selbst, z.B. in der Leber, Zucker gebildet.

Schematische Darstellung der Aufnahme von Zucker in den Körper

Schematische Darstellung der Zuckeraufnahme

Zucker wird im Magen-Darm-Trakt aus der Nahrung abgespalten und über die Leber in das Blut aufgenommen. Von dort gelangt der Zucker zu den Körperzellen.
Warum aber kommt es dann nur bei einigen Menschen zur Erkrankung, denn jeder nimmt ja süße und stärkehaltige Lebensmittel zu sich?
Das liegt daran, dass bei gesunden Menschen ein Gegenspieler des Zuckers existiert - das Insulin. Insulin wird in der Bauchspeicheldrüse gebildet und zwar genau in der Menge, die benötigt wird, um die erhöhte Menge an Zucker, der aus dem Essen ins Blut gelangt ist, wieder auf Normalmaß zu senken. Durch diese Regelung wird der Blutzuckerspiegel eines gesunden Menschen immer zwischen 80 und 120 mg/dl gehalten, unabhängig davon, ob und wievel Zucker durch die Nahrung aufgenommen wird.

Regelkreis des Insulins

Schematische Darstellung der Blutzuckerregelung

Der Zuckergehalt im Blut kontrolliert die Produktion des Hormons Insulin, welches sich wiederum auf die Aufnahme des Zuckers auswirkt.
Beim Diabetiker ist nun dieses Regulationssystem -Zuckergehalt im Blut auf der einen Seite und Insulinfreisetzung auf der anderen Seite- gestört.

Diabetes mellitus Typ 1

Der Diabetes mellitus vom Typ I tritt häufig schon in jungen Jahren auf und wird durch ein komplettes Versagen der insulinbildenden Zellen der Bauchspeicheldrüse ausgelöst. Ist die Bauchspeicheldrüse ist zerstört, fehlt das Hormon Insulin, so dass als Behandlung einzig die Zufuhr von Insulin von außen in Frage kommt. Schematische Darstellung des Diabetes mellitus Typ 1

Schematische Darstellung des Diabetes mellitus Typ I

Der Körper kann kein Insulin mehr produzieren, um den Transport des Zuckers in die Zellen zu gewährleisten, muss Insulin von außen zugeführt werden

Diabetes mellitus Typ II

Der Diabetes mellitus vom Typ II tritt oft in höherem Lebensalter auf und wird Altersdiabetes genannt. Die Bauchspeicheldrüse produziert hier zwar noch Insulin, aber entweder wird einfach zu wenig Insulin gebildet oder das gebildete Insulin ist unwirksam.

Insulinresistenz

Warum ist das Insulin unwirksam? Normalerweise wirkt das Insulin wie ein Schlüssel, der ein Schloss an der Zelle (Insulinrezeptor) aufschließt, damit Zucker in die Zelle gelangt und dort abgebaut werden kann. Schematische Darstellung der normalen Insulinwirkung: Schlüssel-Schloß Prinzip

Wirkungsweise des Insulins beim gesunden Menschen

Normalerweise wirkt das Insulin wie ein Schlüssel, der ein Schloss an der Zelle (Insulinrezeptor) aufschließt, damit der Zucker in die Zelle gelangt und dort verbraucht werden kann.
Dies bezeichnet man als sog. Schlüssel-Schloss Prinzip. Bei Insulinunwirksamkeit passt der "Schlüssel" Insulin nicht mehr ins Schloss, die Tür bleibt zu, der Zucker bleibt im Blut. Man bezeichnet dies auch als Insulinresistenz. Schematische Darstellung der Insulinresistenz

Schematische Darstellung der Insulinresistenz

Das Insulin kann seine Schlüsselfunktion nicht mehr richtig wahrnehmen, die Versorgung der Zellen mit Zucker ist gestört.
Da die Bauchspeicheldrüse als Insulinproduktionsstelle bei dieser Zuckerform nicht zerstört ist, existieren verschiedene Therapiemöglichkeiten.
Zunächst beginnt man mit einer Diät, oft kombiniert mit Erhöhung der körperlichen Aktivität. Ist diese Therapie nach einer Probezeit von ca. 3 Monaten nicht ausreichend kommen Medikamente hinzu. Versagt auch dieses Prinzip, muss Insulin gespritzt werden. Natürlich ist die Einhaltung einer Diät in jedem Stadium der Erkrankung wichtig und kann zumindest ein Fortschreiten der Erkrankung verzögern.

In diesem Vortrag möchte ich auf die medikamentöse Therapie eingehen und Ihnen verschiedene Medikamente mit Vor und Nachteilen vorstellen.

Derzeit stehen sechs verschiedene Medikamentengruppen zur Verfügung. Jede der Substanzen hat einen eignen Platz im therapeutischen Gefüge, so dass für jeden Patienten die am besten geeignete Substanz eingesetzt werden kann. Es gibt beispielsweise einzelne Medikamente, die zusätzlich eine blutfettsenkende Wirkung haben und daher bei Patienten mit erhöhten Bluttfettwerten besonders gut geeignet sind.

Therapie

Anhand der neuen Richtlinien der Deutschen Diabetischen Gesellschaft vom 13. Oktober 2008 möchte ich ihnen nun einen Überblick über den stufenweisen Einsatz der Medikamente geben.

Therapieschema der DDG

Therapieschema der DDG

Schematische Darstellung der stufenweisen Therapie des Diabetes mellitus II
Ist die Diagnose eines Diabetes Typ 2 gestellt, beginnt sofort die Therapie, indem zunächst eine Schulung über die Erkrankung erfolgt. Gleichzeitig beginnt man mit einer Diät- und Sporttherapie sowie mit der Verordnung von Metformin. Kann Metformin nicht eingesetzt werden, kann es durch ersetzt werden.

Ist nach 3 bis 6 Monaten der HbA1c immer noch höher als 6,5 % erfolgt der Einsatz einer Kombinationstherapie basierend auf Metformin in Kombination mit allen handelsüblichen Tablettenformen. Wird Metformin nicht vertragen, können auch alternative Zweifachkombinationen gewählt werden im Rahmen der gegebenen Zulassungen.

Ist nach weiteren 3 bis 6 Monaten der HbA1c weiterhin höher als 6,5 %, so beginnt man mit der kombinierten Insulintherapie, da der Einsatz von mehr als zwei Tablettenformen zwar möglich ist, aber nur einen geringen Effekt bringt.