Überzuckerung (Hyperglycämie)

Das Blut versorgt die Zellen des Körpers mit Sauerstoff und Nährstoffen. Ein besonders wichtiger Nährstoff ist dabei die Glucose, denn aus ihr gewinnen die Zellen die Energie, die sie brauchen, um ihre Funktion im Körper zu erfüllen.

Der Gehalt des Blutes an Glukose sollte stets gleich hoch sein. Daher versucht der Körper, den Glukosegehalt des Blutes durch einen Regelkreis ständig auf einem bestimmten Niveau zu halten. Eine wichtige Rolle spielt dabei das von der Bauchspeicheldrüse abgegebene Hormon Insulin. Regelkreis des Blutzuckers

Regelkreis des Blutzuckerhaushalts

Insulin wirkt auf die Leber und dämpft die Ausschüttung von Zucker in das Blut.
Blutzucker wirkt auf die Bauchspeicheldrüse (Pankreas) und erhöht dort die Ausschüttung von Insulin.
Bei diabetischen Erkrankungen (z.B. Diabetes mellitus) ist die normale Regelung des Glukosespiegels jedoch gestört. In diesen Fällen wird die körpereigene Regelung des Glukosespiegels unterstützt, indem Insulin als Medikament verabreicht wird (siehe Insulintherapie und Medikamentöse Therapie).

Diese künstliche Regelung des Insulinspiegels ist jedoch nicht so genau wie der körpereigene Regelkreis. Deswegen kann es in bestimmten Fällen vorkommen, dass Glukosegehalt im Blut jedoch zu stark zunimmt. Diesen Fall bezeichnet man als Überzuckerung oder Hyperglycämie. In diesen Fällen steigt der Glukosegehalt im Blut auf einen Wert von über 250 mg/dl an. Steigt der Glukosegehalt auf Werte von mehr 600 und 1000 mg/dl, kann es zu einem diabetischen Koma kommen. Wertebereich des Blutzuckers

Wertebereich des Blutzuckers

Ab einem Blutzucker-Wert von unter 50 mg/dl besteht eine Unterzuckerung, ab einem Wert von über 250 eine Überzuckerung.
Neben der Überzuckerung gibt es als zweiten wichtigen Notfall auch die Stoffwechselentgleisung im Sinne einer Unterzuckerung.

Ursachen für die Überzuckerung

Eine Überzuckerung kann durch verschiedene Ursachen hervorgerufen werden.
  • Erstauftreten eines bisher unbekannten Diabetes
  • Zu viel gegessen
  • Fieberhafte Infekte
  • Streß
  • Einnahme von Medikamenten, die zur Erhöhung des Blutzuckers führen ( Kortison, Entwässerungsmedikamente)
  • Zu niedrig dosierte Antidiabetes-Medikamente oder Insulin
  • Weglassen der Medikamente ( versehentlich oder aus selbstmörderischer Absicht)
  • Defekter Insulin-Pen, defekte Insulinpumpe

Formen der Überzuckerung

Es gibt zwei Formen der Überzuckerung mit unterschiedlicher Entstehung.

Austrocknungsform (Hyperosmolare Form)

Die erste Form heißt Hyperosmolare Form oder Austrocknungsform. Sie tritt häufig beim Typ II Diabetiker auf und entsteht erst bei extrem hohen Blutzuckerwerten von 600 mg/dl und mehr. Durch die Erhöhung des Blutzuckers wird die sogenannte "Nierenschwelle" überschritten. Die Nierenschwelle bezeichnet die Menge an Zucker im Blut, von der an Blutzucker über die Nieren ausgeschieden wird.
Mit dem Ausscheiden des Zuckers verliert der Körper gleichzeitig größere Mengen an Wasser. Bei Diabetikern mit einer Überzuckerung kommt es daher zu häufigem Wasserlassen und großem Durst. Mit dem Wasser verlassen auch Spurenelemente den Körper; die Folge sind Wadenkrämpfe und Juckreiz. Darüberhinaus kommt es durch den Flüssigkeitsverlust zu Müdigkeit und schließlich zur Entwässerung mit trockener Haut und Bewusstlosigkeit. Hyperosmolare Form der Unterzuckerung

Hyperosmolare Form der Überzuckerung

Bei Blutzuckerwerten über 150mg/dl wird die Nierenschwelle überschritten, der Körper scheidet den überschüssigen Zucker zusammen mit Wasser aus.

Übersäuerungsform (Ketoaszidotische Form)

Die zweite Form der Überzuckerung heißt Ketoaszidotische Form oder Übersäuerungsform. Sie tritt häufig beim Typ I Diabetiker auf und entsteht schon bei Werten von ca 250 mg/dl.
Durch den Ausfall des Schlüssel-Schloss-Prinzips des Insulin fehlt es der Zelle an Zucker zur Gewinnung von Energie. Als Ausgleich wird zur Energiegewinnung Fett abgebaut. Da aber auch zum Fettabbau Insulin nötig ist, dieses jedoch fehlt, kann der Fettabbau nur unvollständig durchgeführt werden. Es sammelt sich eine Zwischenform, die sogenannten Ketonkörper (Aceton) in der Zelle an. Der Körper versucht, das Aceton über das Blut aus der Zelle zu transportieren. Das Aceton führt jedoch zu einer Übersäuerung des Blutes und zu Magen-Darm-Beschwerden wie Übelkeit und Erbrechen.

Das Aceton (eine Substanz wie im Nagellackentferner) wird über die Lunge abgeatmet, weshalb die Patienten nach Nagellackentferner riechen und eine verstärkte Atmung aufweisen. Aceton wird zudem mit dem Urin ausgeschieden und kann dort mit Teststreifen nachgewiesen werden. Auch bei dieser Form der Überzuckerung kann es zu Müdigkeit und zur Bewusstlosigkeit kommen. Ketoaszidotische Form der Unterzuckerung

Ketoaszidotische Form der Überzuckerung

Aus der Energiegewinnung über Fettabbau fallen Ketonkörper an, die das Blut übersäuern.

Behandlung einer Überzuckerung

Auch die Überzuckerung kann mit ganz unterschiedlichen Symptomen einhergehen. Fühlt man sich als Diabetiker krank, sollte man daher in jedem Fall unverzüglich seinen Blutzucker messen.

Nach Möglichkeit sollte man viel Wasser trinken, da alleine durch den Verdünnungseffekt eine Blutzuckersenkung erfolgt (ca. 35-70 mg/dl pro Stunde).
Es sollte auf Nahrungsaufnahme verzichtet werden, bis der Blutzucker unter 200 mg/dl fällt.
Intensiviert eingestellt insulinpflichtige Diabetiker besitzen in der Regel einen Notfallplan mit der Angabe, wie viel Insulin gespritzt werden muss, um eine bestimmte Blutzuckersenkung zu erreichen. Nach diesem Plan kann bei Überzuckerung verfahren werden. Liegt ein solcher Plan, z.B. bei Therapie mit Mischinsulinen oder Tabletten nicht vor, so sollte man keinesfalls eigenständig eine Erhöhung der Medikation vornehmen, sondern bei bedenklichen Werten einen Arzt hinzuziehen.
Zum Ausschluss einer Übersäuerung des Körpers kann mit speziellen, frei käuflichen Urinteststäbchen der Harn untersucht werden. Wenn eine Urinübersäuerung festgestellt wird sollte ein Arzt informiert werden.

Diabetisches Koma

Bei sehr hohen Blutzuckerwerten kann eine Bewußtlosigkeit eintreten. Die Behandlung erfolgt genauso wie bei dem Koma bei einer Unterzuckerung:
  • Notarzt rufen
  • Stabile Seitenlage
Kann der Blutzucker nicht gemessen werden, wird zusätzlich Zucker verabreicht, obwohl es sich hier um eine Überzuckerung handelt, weil die Unterzuckerung die gefährlichere Form des Komas darstellt und auch schneller zum Tode führt.
  • Traubenzuckerplättchen in die Backentasche
  • Ggf. Glucagon spritzen
Gibt man bei einer Überzuckerung Zucker hinzu, so schadet das dem Patienten weniger, als ihm in der Unterzuckerung keinen Zucker zu verabreichen.

Organisatorischer Hinweis

Das Risiko des Eintretens einer Überzuckerung kann durch optimierte Einstellung der Insulintherapie und regelmässige Blutzuckerbestimmung verringert werden. Die gemessenen Werte sollten im Rahmen eines Kontrollgesprächs regelmäßig vom Arzt überwacht werden.

Neben diesen ärztlichen Maßnahmen bieten wir Ihnen in unserer Praxis auch spezielle Diabetikerschulungen an. Lesen Sie dazu auch die Informationen zum Thema Disease-Management-Programm.